Freitag, 24. Juni 2011

Yellow Fog - Am Hof im gelben Nebel

Der maleri­sche Platz Am Hof im 1. Wiener Gemein­de­be­zirk ist vor allem be­kannt durch die beein­drucken­de Kirche am Hof, welche das selte­ne Patro­zinium "Zu den neun Chören der Engel" trägt.

Platz Am Hof mit Kirche am Hof und Mariensäule

Wenn die Abend­dämme­rung herein­bricht, wird die Auf­merk­sam­keit des Betrach­ters jedoch jäh von der pracht­vol­len Kir­chen­fassa­de auf ein ver­gleichs­weise unschein­ba­res Gebäu­de, die Zen­tra­le des Ener­gie­kon­zerns Verbund, gelenkt. Grund dafür ist die Licht­installa­tion "Yellow Fog" des däni­schen Künstler­stars Olafur Elias­son, die seit Okto­ber 2008 die Fassa­de des Fir­men­gebäu­des ziert.

Firmensitz des Verbunds Am Hof 6a

Mit seinem Werk "Yel­low Fog", das täg­lich eine Stunde ab Ein­setzen der Dämme­rung zu erle­ben ist, thema­ti­siert Elias­son den Über­gang vom Tag zur Nacht. Dieses Natur­phä­no­men wird gera­de in der Stadt oft nicht bewusst wahr­ge­nom­men, denn per­ma­nen­te elek­tri­sche Beleuch­tung macht hier auch die Nacht tag­hell.

"Gelb ist eine schöne und gleichzeitig gefährliche Farbe."
Olafur Eliasson

Technisch mög­lich wird die Illu­mi­na­ti­on durch 32 Leucht­stoff­röh­ren. Diese befin­den sich unter einem Gitter, das ent­lang der 48 Meter langen Fassa­de der Ver­bund-Zen­tra­le in den Geh­steig ein­ge­las­sen ist.

Die Leucht­stoff­röhren tauchen den Kunst­nebel, der alle drei Minu­ten für jeweils 40 Sekun­den an der Fassa­de hoch­steigt, in strah­lend gel­bes Licht. Das Gebäu­de bekommt auf diese Weise einen eben­so flüch­ti­gen wie geheimnisvollen Nebel­schleier, der schließ­lich über den Platz ent­weicht.


"Yellow Fog" ist ein be­mer­­kens­­wer­­tes Bei­­spiel für Kunst im öffent­­li­chen Raum. Das außer­­ge­­wöhn­­li­­che Licht­kunst­werk, das die Gren­ze zwi­schen Gebäu­de und Platz ver­schwim­men lässt, erschließt sich jedoch nicht sofort. Das Pub­li­kum ist – wie immer bei Elias­son – gefor­dert, sich mit allen Sin­nen auf das Werk ein­zu­las­sen und seine Wahr­neh­mung zu schär­fen.

Wer daher das sub­til abge­stimm­te Zusam­men­spiel von Licht, Farbe und Nebel nicht auf sich wirken lässt, wer blind ist für die zarte Schönheit des ephemeren Nebelschleiers, wer achtlos an der Fassade, die sich im gelben Lichtgewand zeigt, vorbeiläuft, wird von "Yellow Fog" gründlich enttäuscht sein und nicht mehr sehen als Nebelschwaden und gelbe Leucht­stoff­röhren.


Gera­de bei rein gestal­te­ri­sch ein­ge­setz­ter Beleuch­tung wird der teil­wei­se enor­me Ener­gie­ver­brauch oft – zu Recht – kri­ti­siert. Daher ist posi­tiv her­vor­zu­he­ben, dass die von Elias­son geschaf­fe­ne Licht­in­s­tal­la­ti­on das Gebäu­de gezielt für eine Stun­de in Szene setzt und nicht die ganze Nacht­zeit hin­durch in vol­ler Inten­si­tät beleuch­tet. Dies ins­be­son­de­re aufgrund der Tat­sache, dass es sich beim Fir­men­sitz des Ver­bunds um kein stadt­bild­prä­gen­des Gebäu­de han­delt.

Spiegelung der Kirche am Hof im linken Fenster

Pünktlich eine Stunde nach Einsetzen der Dämmerung beginnen sich die letzten gelben Nebelschwaden zu verziehen, und der Kirche am Hof, mittlerweile in den dunklen Mantel der Nacht gehüllt, ist wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit sicher.



Hier noch ein­mal die Eck­da­ten dieses beson­de­ren abend­li­chen Spa­zier­gangs im Über­blick:

Was? Lichtinstallation "Yellow Fog" von Ola­fur Elias­son
Wo? Fassade der Verbund-Zentrale, Am Hof 6a, 1010 Wien
Wann? Täglich eine Stunde ab Ein­bruch der Abend­dämme­rung


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